Ein Verb - 122 Verbformen
Lateinische Verben spielen ab der ersten Unterrichtsstunde im Fach Latein eine große Rolle. Was einfach beginnt, zum Beispiel mit der Präsens-Form “vocat” (er/sie/es ruft), wird schnell verwirrend. Denn es ist für SchülerInnen zwar meist nicht schwierig, die richtigen Verbformen zu bilden, aber es gibt sehr viele. Denn ein Verb kann mehr als 122 Verbformen bilden. In diesem Artikel erfährst du, welche Aspekte eine Verbform bestimmen, wir zählen gemeinsam die Verbformen und ich erkläre dir, wie du ein Verb im Unterricht richtig bestimmst.
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Eins vorweg: In diesem Artikel behandeln wir nur finite Verbformen, also solche, die konjugiert (“durchgebeugt”) werden und das Prädikat bilden. Infinite Verbformen (Infinitive und Partizipien) werden nicht konjugiert. Sie können Teil eines Prädikats sein, aber nicht alleine das Prädikat bilden und kommen in diesem Artikel nicht vor.
Diese verschiedenen Aspekte bestimmen eine Verbform:
Person:
1. Person: ich oder wir
2. Person: du oder ihr
3. Person: er/sie/es oder sie
Numerus: Singular (Einzahl) oder Plural (Mehrzahl)
Beispiel:
“ich gehe”: 1. Person Singular
“du gehst”: 2. Person Singular
“er/sie/es geht”: 3. Person Singular
“wir gehen”: 1. Person Plural
“ihr geht”: 2. Person Plural
“sie gehen”: 3. Person Plural
Für jede Person gibt es im Lateinischen eine andere Endung. Du siehst: Ein Verb kann im Lateinischen grundsätzlich
6 verschiedene Formen
bilden.
Das Tempus (die Zeit) hat ebenfalls einen Einfluss darauf, wie sich die lateinische Form verändert. Diese Zeiten gibt es:
Präsens (Gegenwart)
Imperfekt (einfache Vergangenheit)
Futur I (einfache Zukunft)
Perfekt (vollendete Vergangenheit)
Plusquamperfekt (vollendete Vergangenheit)
Futur II (vollendete Zukunft)
Bei 6 Zeiten gibt es also schon 36 (6x6) verschiedene Verbformen.
Im Lateinischen wird außerdem noch der Modus unterschieden. Es gibt im Lateinischen drei Modi:
Indikativ (Wirklichkeitsform)
Konjunktiv (Möglichkeitsform)
Imperativ (Befehlsform)
Die oben genannten 36 verschiedene Verbformen beziehen sich auf den Indikativ. Nimmt man noch den Konjunktiv dazu, kommen noch 24 Verbformen zusätzlich hinzu (der Konjunktiv wird nur in den Zeiten Präsens, Imperfekt, Perfekt und Plusquamperfekt gebildet, d. h. 6x 4 = 24).
Das heißt, wir sind schon bei
60 Verbformen (36+24).
Der Imperativ ist erstaunlich easy: Hier gibt es nur zwei Formen. (Den Imperativ Futur lasse ich weg, den lernen meine SchülerInnen aktuell nicht mehr).
Das heißt, wir sind bei
62 Verbformen.
Alle diese genannten Formen beziehen sich auf das Aktiv. Im Lateinischen unterscheidet man auch das Genus Verbi, also Aktiv und Passiv.
Im Passiv gibt es alle 60 Verbformen (in allen Tempora, mit Indikativ und Konjunktiv, außer Imperativ) noch einmal.
Damit sind wir bei 122 Verbformen!
Du siehst, das ist einfach VIEL. Zusätzlich gibt es noch “Spezialwörter”, wie “esse” (sein), das nicht ganz regelmäßig gebildet wird und daher ebenfalls mitgelernt werden muss.
Und damit nicht genug. Die lateinischen Verben werden in verschiedene Konjugationen aufgeteilt. Es gibt 5 Konjugationen: a-Konjugation, e-Konjugation, i-Konjugation, konsonantische Konjugation und konsonantische Konjugation mit i-Erweiterung.
Die Konjugationen erschweren oft noch zusätzlich die Formenbildung, da sie - abhängig von der Konjugation- unterschiedlich gebildet werden.
Zum Beispiel: “vocat” ist eine Präsensform der a-Konjugation, “dicit” ist ebenfalls eine Präsensform, aber der konsonantischen Konjugation (und da kommt noch ein “i” mit rein).
Noch deutlicher wird es bei der Bildung des Futur I. Während Verben der a- und e- Konjugation mit den Endungen (-bo, -bis, -bit, -bimus, -bitis, -bunt) gebildet werden, haben i-Konjugation und konsonantische Konjugation die Endungen (-am, -es, -et, -emus, -etis, -ent).
Beim Konjunktiv Präsens wird es auch verwirrend: Der Erkennungsbuchstabe für den Konjunktiv Präsens ist “a”. Zum Beispiel bei Wort “monere” sieht der Konjunktiv in der 3. Person Singular so aus: moneat. Außer bei der a-Konjugation. Da bei dieser Konjugation schon natürlicherweise ein “a” im Verb vorkommt, wird stattdessen ein “e” eingesetzt. Zum Beispiel bei “vocare” sieht der Konjunktiv in der 3. Person Singular so aus: vocet. Du siehst, die Verbformen unterscheiden sich manchmal auch von Konjugation zu Konjugation.
Die Bestimmung einer Verbform folgt immer diesem Muster:
Person Numerus Modus Tempus Genus Verbi
In der Lateinstunde könnte der Lehrer (oder die Lehrerin) also folgendes sagen:”Bestimme die Form “vocat”.”
Dann antwortest du:
“vocat ist 3. Person Singular Indikativ Präsens Aktiv”
Oder zum Beispiel:
“monitus sumus”: 1. Person Plural Indikativ Perfekt Passiv
Insgesamt gibt es also weit mehr als 122 finite Verbformen! Verglichen mit der englischen Sprache, bei der ein Wort nicht konjugiert wird, ist die lateinische Sprache wirklich besonders (schwierig). Es ist also kein Wunder, wenn man da mal den Überblick verliert. Aber auch wenn es jetzt vielleicht nicht so scheint: Die Konjugationen folgen bestimmten Regeln und diese sind logisch. So kannst du viele der 122 Verbformen leicht herleiten. Wiederholen solltest du die Wortbildung aber trotzdem regelmäßig, zum Beispiel mit meinem
Lernmaterial.
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